Unterwegs.

Und hier ist unsere sonnige Oase, sage ich. Wir stehen in Socken auf dem orangenen Teppich des Meditationsraumes, das Licht ist weich, die Heizung wärmt, an der Wand leuchtet die goldene Buddha-Figur.
R. hat sich über den Dauerregen beklagt, er und C. und ich sind klatschnass im Psychologenhaus eingetroffen. Den Regen finde ich auch schön, sage ich, und auch den Sturm, das Wetter ist so lebendig, jeden Tag neu und jeden Tag anders. Ich sehe das also von der positiven Seite, setze ich hinzu und schaue aus dem Fenster. Auf der gegenüberliegenden Seite trainieren Fussballer im Flutlicht, in dem der Regen tanzt, der Rasen leuchtet grün.

Nächste Woche sei er nicht da, sagt unser Lehrer, aber wir können trotzdem zum Meditieren kommen. C. und ich nicken uns zu, R. übergibt mir den Schlüsselbund, damit bin ich für den Meditationsraum am nächsten Dienstag verantwortlich. Und der andere Schlüssel sei für die Eingangstür, falls die abgeschlossen sein sollte. Die Eingangstür steht immer offen. Jeder kann ins Psychologenhaus spazieren, in die Gesprächsräume, die Küche, die Stube und in den verwunschenen Garten. Die Psychologen scheinen ein solides Grundvertrauen in die Menschen zu haben.
Dann könnte ich endlich mein Mobiliar herschaffen und hier einziehen, wo ich jetzt die Schlüssel zu meinem Lieblingshaus habe, sage ich.

Am Bahnhof erzähle ich C. von meinen selbstgemachten zuckerfreien Zitronen-Joghurt Gums und den Müsliriegeln, die erstaunlich lecker sind.
Am Bahnhof bleiben wir jeden Dienstag zwanzig Minuten stehen.
Am Bahnhof sprechen wir über ‚unser‘ Thema.
Wir machen das richtig, sagt C. und guckt mich erwartungsvoll an. Wir machen das richtig, bestätige ich ihr. Sie strahlt. Das höre sie immer so gern von mir, dass wir das richtig machen. Mit dem Sport. Mit der Meditation. Mit der gesunden Ernährung. Mit dem positiven Denken. Ein Restrisiko bleibt, meine ich. Aber auch die Gewissheit, sich niemals Vorwürfe machen zu müssen, denn wir tun alles, was wir tun können.
Wir machen das richtig.

Und dann wandere ich wieder zurück durch den Regen und den Sturm, durch die Lichter am Hafen und durch das Leben.

7 Gedanken zu “15.1.2018

  1. Ich würde auch sagen, dass ihr das in der Tat richtig macht, und zwar regelmäßig. Deswegen finde ich das besser.
    Das Bild vom Hafen, was du am Ende so schön bezeichnet hast, klingt wirklich beunruhigt. Ich weiß nicht genau aber den Sturm und das Regen haben mir auch immer gefallen. Vielleicht fand ich sie noch realistischer als die geschiente Sonne.
    Danke für den schönen Beitrag und guten Appetit mit den leckeren Gums. 🙂

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  2. Danke für deinen Beitrag! Genau jetzt, zu dieser Zeit, in der mich bestimmte Fragen unheimlich beschäftigen.

    »Aber auch die Gewissheit, sich niemals Vorwürfe machen zu müssen, denn wir tun alles, was wir tun können.«

    Das hat mir gerade sehr geholfen!

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    1. Hi Alexander, freut mich sehr, wenn Dir der Beitrag geholfen hat. 🙂 Und wir können uns auch zukünftig gern weiter austauschen, zB auch per email, solltest Du nicht mehr auf wordpress vorbeischauen. LG Anja

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