11.01.2021

Wenn Du wiedergeboren wirst.

I just want to know how he passed away and has he suffered? Did he had anybody beside him in his last time? And…did he had a message for me?
I am still crying while I am texting…I can’t believe he just left.
If you see my message and if you know, please do tell me. It will mean a lot to me.


Samstag Nacht, eigentlich sollte ich schlafen. Doch ich habe zufällig einen Spam-Ordner auf Facebook entdeckt, in dem unzählige Nachrichten sind, Nachrichten von Deinen Freunden aus aller Welt, Nachrichten aus denen Verzweiflung schreit, Nachrichten mit Fotos von gemeinsamen Unternehmungen, Nachrichten von denen, die gemeinsam mit Dir nach Tigern in Myanmar gesucht haben, meinem buddhistischen Zeichen. Alle Nachrichten beinhalten dieselbe Frage: was ist geschehen?
So sehr die Frage geklärt werden möchte, so groß ist auch die Angst davor, mit der Antwort nicht umgehen zu können.

Statt zu schlafen, starre ich auf die Buchstaben, die vor meinen Augen verschwimmen, und doch weiss ich, was zu tun ist.

Am Sonntag Morgen schreibe ich eine Nachricht an Deine Firma. Seriös und doch persönlich, schliesslich möchte ich, dass man einer Unbekannten Auskunft über den Tod eines Mitarbeiters gibt. Ich füge mein Lieblingsfoto bei, auf dem wir beide klatschnass im Regen in die Kamera lachen, irgendwo auf einer unserer Wanderungen auf Madeira.

Und dann ist sie da, die Antwort. Lang und ausführlich ist sie, warmherzig, offen, die Tochter der Firmengründer – eine Deiner Kolleginnen – teilt das, was sie weiss: C. ist eines natürlichen Todes gestorben, soviel ist sicher. Absurderweise freue ich mich über diesen Satz. Und dann verschwimmen wieder Buchstaben vor meinen Augen: das Foto, das Sie mitgeschickt haben, stand übrigens immer auf seinem Schreibtisch.

Ich könne mich gern wieder melden, wenn ich weitere Fragen habe. Und das es schön sei zu lesen, dass C. vermisst würde.
Ich telefoniere mit N., wir werden – wenn es wieder geht – in Nürnberg Dein Grab besuchen.
Ich schreibe Deinen Freunden, denn ich weiß, wie wichtig diese Infos sind, um Deinen Tod zu verarbeiten. Eine Wiedergeburt in Myanmar, das wünschen sich die Burmesen für Dich. Ich weiß, dass Du Dich darüber freuen würdest.

Vielleicht treffe ich Deinen Freund S. das nächste Mal in Myanmar, vielleicht gehen wir zusammen Tiger suchen, und ganz bestimmt werden wir an Dich denken.



18.07.2017

Briefwechsel mit T.

 

Du: Hallo C., habe die OP gut überstanden und bin nur noch müde müde müde.

Ich: Oh wie schön, hab‘ an Dich gedacht! Morgen bist du schon wieder munterer! Hoffe, Dich bald wieder zu sehen. Und die Schmerzen werden langsam weniger, ist bei mir auch so…irgendwann sind wir wieder fit.

Du: Das ist richtig. Irgendwann sind wir wieder richtig fit.

Ich: Dann hast Du ja erstmal ne Woche Pause – mach da aber bitte nichts im Garten, Küche etc. Und lass Dir genügend Thrombose-Spritzen mitgeben! Das schaffst Du. Und Reha mach bloss stationär, nicht ambulant. Gleich kommt mein Taxi und fährt mich wieder zur Therapie. Danach liege ich auch wieder flach…

Du: Ich möchte einfach wieder nur fit werden und nicht jedesmal, wenn ich mir eine Tasse Tee mache, mich zehn Minuten hinsetzen müssen, weil ich pumpe wie ein junger Maikäfer.
Aber das wird schon werden über kurz oder lang.
Ich versuche einfach nicht aufzugeben und immer positiv zu denken.
Meine Kur bzw. meine Reha beginnt am 18.07. Ich weiß aber auch nicht, wie ich meinen Körper fit bekommen soll, wenn ich nach der kleinsten Anstrengung schon so aus der Puste bin.
Da ist mein Leben von der einen zur anderen Sekunde komplett auf den Kopf gestellt worden.

Ich: Wir müssen geduldig sein…

Ich: Weisst du was? Wir LEBEN. Das ist die Hauptsache. Dafür bin ich sehr dankbar.

Du: Da muss ich dir mal völlig recht geben.
Und wenn ich ehrlich bin, wir haben das schon nicht einfach, aber es gibt mit Sicherheit Leute, denen geht es noch wesentlich schlimmer als uns.
Das ist zwar auch kein Trost, aber im Gegensatz zu den Menschen sind wir noch relativ gut dran. Also immer Kopf hoch.

Ich: Das sehe ich hier auch in der Reha – hätte schlimmer werden können. Ist aber auch eine Willens-und Einstellungssache – ich bin sehr positiv. Viele andere sind zerbrochen und grau. Habe das auch schon mit der Psychologin hier erörtert.

Du: Ich drücke Dich ganz doll aus der Ferne.

(Auszüge)

Liebe T.,
gestern bist Du gegangen. Ich bin fassungslos und unendlich traurig. Du warst so stark und positiv und wolltest es schaffen. Aber das, was Dich die letzten zwei Monate getroffen hat, war zuviel, selbst für jemanden wie Dich. Ich habe so gehofft, dass wir unser gemeinsames Ziel erreichen und nach der Arbeit wieder durch die Hamburger Parks spazieren. Ich habe für Dich gebetet, ich habe auf Dich und das Leben getrunken. Beides hat nicht geholfen.
Ich bin Atheist, aber seit gestern schaue ich dauernd in den Himmel, der so blau leuchtet wie Deine Augen und denke an Dich. Ich bin sicher, dass Du irgendwo da oben bist und jetzt die Legendären fängst. Deine letzten Worte haben nun eine ganz neue Bedeutung bekommen: Ich drücke Dich ganz doll aus der Ferne.
Ich vermisse Dich.