6.5.2018

Unterwegs.

Um 23.30h sind wir vom Hotel aufgebrochen, der Nachtflug sollte um 2.20h gehen – nun ist es 5.20h, ich nächtige mit meinem Vorgesetzten, der zufällig wieder denselben Flug hat, auf dem Yangon International Airport in der Lounge. Technische Probleme. Die Anschlussflüge in Dubai kriegen wir wohl nicht.

Mit Glück komme ich morgen Nachmittag aus Dubai weiter (wenn wir aus Yangon wegkommen sollten), meine Reisebegleitung muss einen Tag in Dubai bleiben – und verpasst die Geburtstagsparty der kleinen Tochter. Die Stimmung auf dem Flughafen ist entsprechend.

Aber: schlimmer geht immer. Wir könnten auch zu den Passagieren gehören, die seit Hanoi in unserem Flieger sitzen und seit der Zwischenlandung nicht raus dürfen.

Um 6.30h ist der Flieger repariert, ich vergewissere mich bei der Stewardess, ob die Schäden wirklich behoben wurden. Sie bejaht, sonst würde sie wohl auch nicht weiterfliegen, denke ich.

Ich hasse Langstreckenflüge. Schlafen kann ich nicht, ich sitze glücklicherweise am Gang und kann umherwandern. Das ungesunde Flugzugessen verschmähe ich, die Stewardess ist besorgt; ob ich nicht wenigstens das Brötchen möchte, nein, das möchte ich nicht. Ich knabbere meine Walnüsse und trinke Tee.

In Dubai spurte ich zum Ausgang – Gate closed, lese ich auf der Anzeigetafel neben meinem Flug nach Hamburg. Ich marschiere zum Counter, mit mir hunderte andere Passagiere mit den gleichen Problemen. Ich bin vom 9.00h- auf den 15.00h-Flug umgebucht worden und bekomme einen Essensgutschein, den ich bei Mc Donalds gegen einen Burger oder im Café gegen ein Croissant und ein Wasser einlösen kann. Es ist 9.30h. Ich nehme ein Croissant.

Beim Transfer mit der Bahn zum anderen Terminal treffe ich wieder auf meinen Vorgesetzten, der jetzt überraschenderweise nach Beirut fliegt, um von dort nach Larnaca zu kommen. Ein Transit-Visum muss her, aber das schockt ihn auch nicht mehr. It is a desaster, murmelt er wieder. Am Montag wird er frei nehmen und einen extra-Geburtstag mit dem traurigen Kind feiern, da er sein Versprechen, am Geburtstag zuhause zu sein, nicht halten konnte.

Spät abends komme ich endlich in Hamburg an.

Ich bin k.o. Die Wäsche ist schmutzig. Der Kühlschrank ist leer. Ich dusche und falle ins Bett.

Und wache am Sonntag vom Vogelgezwitscher und den ersten Sonnenstrahlen auf, die durch das Zimmer gleiten. Ich spüre die kühle klare Frühlingsluft, die nach Blumen duftet. Das ist mein Paradies, denke ich. Und freue mich.

2.5.2018

Unterwegs.

10 Dollar. Für eine Gurke und eine Tomate, sagt C. Ich lache. Sind die aus dem goldenen Garten der Shwedagon?, scherze ich.

Mein Kollege, der etwas länger in Myanmar bleibt, hat 10 Kilo Black Eyed Peas aus Zypern mitgebracht, die er mir heute Abend mit Tomate, Gurke und Zitrone anbietet. Das ist mal etwas anderes; zypriotische Spezialitäten habe ich noch nie in Myanmar gegessen. Die Bohnen hätte man hier auch besorgen können, sagt der Koch und schüttelt etwas ungläubig den Kopf. Ich werfe ein, dass ich einige Packungen an Walnüssen und Rosinen aus Deutschland mitgebracht habe – und Zartbitterschokolade. Nüsse seien ok, die seien hier teuer, so der Experte.

Ein wenig erinnert mich das Szenario an die Chinesen bei der Antarktis-Expedition, die in der Lounge ihre Reiskocher aufgebauten und auch ansonsten einiges an Lebensmitteln aus der Heimat mit auf die Reise genommen hatten.

Unser Vorgesetzter, den ich fast jeden Abend zum Dinner treffe, hat nichts dergleichen importiert, er hält sich an das, was auf der Karte steht: wir bestellen wieder unser Lieblingsgetränk, frischen Wassermelonensaft.

Der hat schon am Sonntag für einen Lacher gesorgt; kaum lässt er sein Glas am Pool aus den Augen, greift eine Krähe an und verschwindet mit der Melonendeko.

Discount, raune ich C. zu. Wir bekommen hier Discount. Vielleicht auch auf eine Gurke und eine Tomate.

29.4.2018

Unterwegs.

Myo Myint Maung schaut mich irritiert an, als würde er mich nicht kennen. Das wiederum irritiert mich, denn ich besuche mein Patenkind regelmässig im Waisenhaus. Auch wenn der letzte Besuch zwei Jahre zurückliegt, so schreiben wir uns hin und wieder und schicken uns Geschenke.

Auch die anderen Jungs, zwischen denen ich am langen Mittagstisch sitze, scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Sie kichern und gucken verstohlen, wenn ich sie anspreche, um etwas mit ihnen zu plaudern – in einfachem englisch, das lernen sie im Waisenhaus.

Ich esse den Reis und das Gemüse mit der Gabel, die Kinder essen mit den Fingern, das ist in Myanmar so üblich.

Nach dem Essen bestehe ich darauf, dass mir mein Kind das Mädchenwaisenhaus zeigt: beschirmt machen wir uns in der Mittagshitze auf den staubigen Weg. Und siehe da, er wird gesprächiger; ich halte ihm mein Handy unter die Nase und zeige ihm ein Bild, das uns bei meinem Besuch in 2011 zeigt. Das kenne er, das Foto habe er in seiner Box, in dem er meine Briefe und Fotos aufbewahrt. Die Fotos unserer Begegnungen schicke ich ihm, damit er später eine kleine Erinnerung hat. Myo Myint Maung ist jetzt 16 Jahre alt, wirkt aber, wie alle burmesischen Kinder, viel jünger. In einem Jahr macht er seinen Abschluss an der Dorfschule in Thanlyin; was er danach machen möchte, weiß er noch nicht. Studieren oder arbeiten, das sind die Optionen.

Die Mädchen freuen sich über den Besuch, springen vom Beten auf, falten die Hände und grüssen auf burmesisch. Vier von ihnen fragen, ob sie mir ihr Waisenhaus zeigen dürfen und führen mich durch Schlafräume, Betraum, Bastel- und Badezimmer. Alles ist sauber und ordentlich – und die Mädchen weitaus interessierter und eloquenter als mein Sohn, der etwas unschlüssig vor der Tür wartet.

Ich spüre, dass mein Kopf hochrot und mein Shirt durchgeschwitzt ist, als wir uns wieder auf den Rückweg machen. Die heiße und feuchte Witterung ist nicht meins: ich freue mich, als ich wieder im akklimatisierten Auto sitze und die 70minütige Fahrt zurück nach Yangon antrete.

28.4.2018

Unterwegs.

They are ugly, ruft der Junge. Nooo, they are beautiful, sage ich, wir lachen, inklusive mein Fotomotiv, vier Mädchen, die festlich gekleidet sind.

Die Hochsaison ist vorüber. Das erkenne ich daran, dass ich der einzige Ausländer bin, der – zwischen einem Gewusel von Burmesen – die Shwedagon Pagode besucht. Und meinen Tiger, natürlich, meinem buddhistischen Zeichen.

Neugierig werde ich angeschaut, schüchtern um Fotos gefragt, wir haben Spass. Die Shwedagon Pagode ist einer meiner Lieblingsorte.

27.4.2018

Unterwegs.

Ich schaue auf die Uhr. Seit 30 Minuten bin ich im Taxi unterwegs – eigentlich auf dem Weg vom Büro ins Hotel. Der Preis, den ich für die Strecke ausgehandelt habe – 2000 Kyats – passt zur eigentlichen Länge der Strecke. Diese Strecke ist anders. Ich kenne sie nicht. Und wir müssten schon längst angekommen sein. Da ich mich nicht ausreichend auf burmesisch verständigen und nachfragen kann, muss ich abwarten, wo die Fahrt enden wird: die Straßen sind überfüllt, es hupt und klingelt von allen Seiten, während wir durch ein pittoreskes Yangon fahren, an Handwerksstuben, die Goldarbeiten machen, vorbei, vorbei an Baracken, die aus Holz, Wellblechen und gefundenem gebaut wurden, vorbei an Garstuben und Rickschas, vorbei an verfallenen britischen Kolonialbauten, vorbei an glasglänzenden Hochhäusern, vorbei am Peoples Park und der Shwedagon Pagode – halt: ab hier kenne ich mich wieder aus. Alle Wege führen in mein kleines Heritage-Hotel.

Und in meinen Pool.