Unterwegs.
Haben Sie die Farbe gewechselt?
Das fragt mich nicht etwa meine Schwimmfreundin G. (die auch heute anscheinend wieder weit vor unserer gemeinsamen Zeit zum Schwimmen gewesen ist) sondern Walross 1.
Walross 1 taucht unvermutet vor mir im Aussenbecken des öffentlichen Bades auf und spricht mich an. Wir haben noch nie miteinander gesprochen.
Stimmt, antworte ich, ich habe die Farbe gewechselt; fällt das auf?
Meine Antwort ist ziemlich blöd, denn ich trage, statt wie sonst dezent schwarz-weiß gepunktet, zum ersten Mal meinen neuen Badeanzug, der ausschaut, als würde ich zum Baywatch-Team gehören. Aber in knallig.
Das Rot ist Neonfarben, leuchtet im Becken und anscheinend auch in der Tiefe, jedenfalls so sehr, dass es Walross 1 angezogen hat.
Das wird sich hier wie ein Lauffeuer verbreiten, meint Walross 1. Feuer passt in der Tat ganz gut zur Beschreibung meines Outfits, ich muss lachen. Von unten, fügt er hinzu, sehe man viel besser, er könne schon anhand der Bewegungen und der Farben ausmachen, wer im Becken schwimmt.
Ich entgegne, dass, sollte ich mal auf den Grund sinken, man mich sofort sehen und retten könne.
Ausserdem finde ich mich gerade schick, denke ich, als ich mit ausgebreiteten Armen am Beckenrand ins hellblaue Wasser schaue und auf meine mittlerweile bronzegefärbten Beine und den knalligen Badeanzug blicke. It’s a match.
40 Bahnen (1.000 Meter) später bin ich 40 Bahnen glücklicher.
Auf dem Anrufbeantworter ist die Arzthelferin, die mir kurz vor Praxis-Urlaub die Blutwerte durchgibt: Vitamin D prima, den TSH-Wert (Schilddrüsenwert) solle ich in drei Monaten unbedingt nochmal prüfen lassen. Aber nichts in der Zwischenzeit unternehmen! Das wiederholt sie dreimal. Und richtet noch liebe Grüße vom Arzt aus. Ich vermute, dass er sich an unsere Vitamin D-Diskussionen und meine eigenmächtigen Änderungen in der Einnahme erinnert hat und jetzt Warnungen durchgeben lässt.
Auf das Nachmittagsmeeting mit dem Herausgeber der Zeitung, für die ich nebenbei schreibe, habe ich keine Lust. Ich bin in der Stimmung, die journalistische Arbeit an den Nagel zu hängen. Viel Zeit bleibt mir neben meinem Volltagsjob und dem täglichen Sportprogramm sowieso nicht.
Interessant, dass ich aus dem Meeting mit dreimal so vielen Themen für die nächsten Monate nach Hause gehe. Seit wann bin ich so wankelmütig?