12.10.2022
„Wenn du an einen neuen Ort gelangst, warte. Es braucht Zeit, bis die Seele nachkommt.“ (Weisheit der nomadischen Indianer)
Meine Seele ist nicht angekommen. Weder in Kairo noch in Luxor, in Edfu oder in Assuan. Selbst meinem Koffer war das zu schnell, auch er braucht Zeit, um nachzukommen. Ich warte.
Ungewöhnlich ist das schon, denn normalerweise bin ich ab Taxifahrt zum Flughafen im Urlaubsmodus und bei mir.
„Ich finde es toll, wie Du für Dich das Programm anpasst und Dein Tempo gehst. Das können die meisten nicht“, sagt die Psychologin aus der Reisegruppe zu mir. Für mich ist das normal geworden, spätestens seit der Erkrankung achte ich darauf, dass ich in der inneren Balance bleibe und korrigiere äussere Umstände, wenn dem nicht so ist.
Diese Reise war mir zu schnell, zu viel Programm in zu kurzer Zeit, zu unstrukturiert. Sprachlos schaue ich aus dem Fenster, als wir vom Flughafen in Kairo zum Hotel fahren: ich verstehe nicht, was ich sehe. Riesige Hochhäuser reihen sich aneinander, dazwischen Brachflächen, halb abgerissene Gebäude, halb neu gebaute Häuser, verfallene Bauten inmitten von Müll und dem Lärm des stockenden Verkehrs, die flackernden Lichter, und dort hinten die untergehende Sonne, der einzige Ruhepol in dem Chaos.
Meine Seele kommt hier nicht an, und Zeit zum Warten gibt es nicht.
Vielleicht ist sie zuhause geblieben. Ich schaue mich um. Ich setze mich hin. Und warte.