Das Jubiläum.

Ich sitze auf den Stufen vor der Villa Masséna, einem imposanten Gebäude der Belle Époque, und lausche dem Wind, der mit den Blättern der Bäume spielt. Die rosa Blüten schaukeln an den Zweigen, die Palmen biegen sich ganz sachte hin und her, als würden sie tanzen. Auf der Wiese rennt ein kleines Mädchen den auffliegenden Tauben hinterher, das alte Paar dreht seine dritte Runde durch den Park.

Der Wind spielt auch mit meinem Haar und streicht mir über mein Gesicht, und ich, ich lasse die letzten fünf Jahre Revue passieren.

Ich war am Ende der Welt in der Antarktis im Sturm und dem ewigen Eis. Am anderen Ende der Welt, der Arktis, habe ich nachts Nordlichter am Himmel tanzen gesehen. Ich war in Israel und im Westjordanland, ich stand auf den Golanhöhen zwischen blühenden Mandelbäumen und Minen. Nachts sass ich zwischen tausenden Kerzen im Sand vor Petras Schatzkammer in Jordanien. In der Sahara bin ich auf einem Kamel durch die Dünen geritten. Ich war auf 5.200 Metern Höhe im Basecamp des Mount Everest. Ich bin nach Madeira, Myanmar, Italien, Österreich, Edinburgh, Zürich und Amsterdam gereist und sitze nun in Nizza auf den Stufen der Villa Masséna.

Gestern habe ich eine Dankeskarte an meinen Arzt aus dem kleinen Krankenhaus geschickt, die heute bei ihm ankommen wird. Heute ist es genau fünf Jahre her, dass meine Krebstumore entfernt wurden. Das ist ein Meilenstein: damit gelte ich als Langzeitüberlebende.

Ich weiss, wie wertvoll und fragil Gesundheit ist: ich werde weiterhin gut auf mich aufpassen. Ich weiss, wie wertvoll und endlich Zeit ist: ich werde sie weiter gut nutzen. Es gibt noch viel zu entdecken.

6 Gedanken zu “Logbuch Côte d‘Azur

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