Unterwegs.

Kaskadenartig fällt die Sonne durch die alten Bäume im Park und streift durch das Gras, aber nur ich sehe das, weil ich bei der Stehenden Säule beim Taiji in der Turnhalle wieder mal die Augen geöffnet lasse, während meine Mitstreiter mit geschlossenen Augen stehen. Ich sehe so gern durch die weit geöffneten Fenster in den Park. Die Vögel zwitschern, und dann ertönt eine Gitarre. Lachen. Gesang setzt ein. Vor der Turnhalle wurden Bänke aufgebaut, auf denen sich jetzt munter plaudernde Leute setzen. Ich schmunzele. Mein Lehrer auch. Er bewegt sich zur Musik, was auch nur ich sehe und lustig finde, meine Mitschüler lassen sich nicht ablenken.

Am Dienstag regnet es sintflutartig, statt im verwunschenen Garten die 19er-Form zu vertiefen, beschließen wir, im Meditationsraum in Stille zu sitzen. C. und ich tauschen Souvenirs aus; sie hat mir aus ihrem Wellnessurlaub Sonnenblumenkekse mitgebracht, ich überreiche ihr eine kleine Holzrose aus Amsterdam. Im Regen laufen wir zur Bahn.

Als ich zu Bett gehe, sehe ich eine Nachricht auf meinem Handy. Ob wir morgen telefonieren könnten, fragt einer meiner Lieblingsfreunde, ihm ginge es gerade nicht so gut. Ich greife sofort zum Hörer, das ist eine sehr untypische Äusserung, ich bin besorgt.
Und dann erschüttert. Und traurig. Und beeindruckt, mit was für einer Ruhe er mir erzählt, was er hat. Krebs.

Ich finde, es langt, dass es mich getroffen hat. Meinen Freunden muss nicht auch noch der Boden unter den Füssen weggerissen werden und ein wackeliger Weg zwischen Angst und Hoffnung bevorstehen. Aber wir können uns das nicht aussuchen. Wir können nicht mal etwas dafür. Aber ich werde da sein und zuhören, trösten, motivieren, Ratschläge geben – was auch immer gerade benötigt wird.

Mein Herz geht auf, nach drei Wochen entdecke ich die pinke Badekappe im Aussenbecken des öffentlichen Bades. Meine Schwimmfreundin ist wieder aufgetaucht. Kreislaufprobleme, Arztbesuche, aber die 80-jährige lässt sich nicht unterkriegen. Zur Gymnastik sei sie dennoch gegangen, und beim Schwimmen ist sie nun auch wieder dabei. Das Wetter ist herrlich, wir schwimmen und plaudern über eine Stunde nebeneinander her, G. strahlt mich an, ich würde so gut und so glücklich ausschauen. Das sagt sie mehrmals. Ich freue mich. Es geht mir auch gut. Mir geht es gut. Freitag mittags das Büro zu verlassen und ins Schwimmbad zu fahren und dann mit etwas Glück auf meine Schwimmfreundin zu stoßen und durch das kühle Wasser zu gleiten, ist einfach wunderbar. Nächste Woche möchte sie mir Fotos ihrer Tochter und der Enkelin zeigen. Vielleicht gehen wir zusammen einen Kaffee trinken.

Am Stand auf dem Bio-Wochenmarkt ist Brokkoli ausverkauft. Und über Kreuzblütler habe ich noch immer nicht geschrieben.

meine Ausbeute vom Wochenmarkt (note to myself: schreib‘ mal über die snackboxes. Und was über Kreuzblütler!)

9 Gedanken zu “25.05.2019

  1. Es tut mir leid, dass der Krebs dir wieder so nahe kommt.

    Ich erlebe das leider auch gerade: die Mutter einer meiner liebsten Freundinnen starb vor vier Wochen mit 80 an einem Pankreas-Karzinom, und die Mutter des besten Freundes meines Sohnes liegt gerade im Sterben: metastasierter Darmkrebs. Sie ist 51.

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    1. das tut mir für Dich auch leid. Ich werde für mich persönlich weiter meinen Weg gehen, um Rezidiven – soweit man das selbst in der Hand hat – vorzubeugen. Und anderen meine Unterstützung anbieten. Alles andere ist Schicksal. Wobei ich es nicht mag, wenn Dinge entgleiten und man das nicht beeinflussen kann.

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  2. Oh man, dass tut mir sehr leid, dass dein Freund nun auch Krebs hat. Wir hatten ja auch die Sorge diese Woche bezüglich meines Onkels. Ich wünsche euch, alles Gute und dass sich sein Krebs gut behandeln lässt.

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