Unterwegs.
Myo Myint Maung schaut mich irritiert an, als würde er mich nicht kennen. Das wiederum irritiert mich, denn ich besuche mein Patenkind regelmässig im Waisenhaus. Auch wenn der letzte Besuch zwei Jahre zurückliegt, so schreiben wir uns hin und wieder und schicken uns Geschenke.
Auch die anderen Jungs, zwischen denen ich am langen Mittagstisch sitze, scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Sie kichern und gucken verstohlen, wenn ich sie anspreche, um etwas mit ihnen zu plaudern – in einfachem englisch, das lernen sie im Waisenhaus.
Ich esse den Reis und das Gemüse mit der Gabel, die Kinder essen mit den Fingern, das ist in Myanmar so üblich.
Nach dem Essen bestehe ich darauf, dass mir mein Kind das Mädchenwaisenhaus zeigt: beschirmt machen wir uns in der Mittagshitze auf den staubigen Weg. Und siehe da, er wird gesprächiger; ich halte ihm mein Handy unter die Nase und zeige ihm ein Bild, das uns bei meinem Besuch in 2011 zeigt. Das kenne er, das Foto habe er in seiner Box, in dem er meine Briefe und Fotos aufbewahrt. Die Fotos unserer Begegnungen schicke ich ihm, damit er später eine kleine Erinnerung hat. Myo Myint Maung ist jetzt 16 Jahre alt, wirkt aber, wie alle burmesischen Kinder, viel jünger. In einem Jahr macht er seinen Abschluss an der Dorfschule in Thanlyin; was er danach machen möchte, weiß er noch nicht. Studieren oder arbeiten, das sind die Optionen.
Die Mädchen freuen sich über den Besuch, springen vom Beten auf, falten die Hände und grüssen auf burmesisch. Vier von ihnen fragen, ob sie mir ihr Waisenhaus zeigen dürfen und führen mich durch Schlafräume, Betraum, Bastel- und Badezimmer. Alles ist sauber und ordentlich – und die Mädchen weitaus interessierter und eloquenter als mein Sohn, der etwas unschlüssig vor der Tür wartet.
Ich spüre, dass mein Kopf hochrot und mein Shirt durchgeschwitzt ist, als wir uns wieder auf den Rückweg machen. Die heiße und feuchte Witterung ist nicht meins: ich freue mich, als ich wieder im akklimatisierten Auto sitze und die 70minütige Fahrt zurück nach Yangon antrete.
🤗
Danke für‘s Mitnehmen ins Waisenhaus.
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Das ist eine sehr schöne Geschichte, vielen Dank fürs Teilen! 😊
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danke für Dein Feedback und das Du meine Texte liest 😊 LG nach Wien
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