Unterwegs.
Auf heute Abend habe ich mich schon seit Monaten gefreut. Mein Taiji-Lehrer und ich stehen in dem verwunschenen Garten des Psychologenhauses, die Vögel zwitschern, die Luft ist kühl, die Sonne neigt sich über die Dächer der Altbauten um uns herum, hier mitten in der Stadt, deren Straßenlärm und wilde Geschäftigkeit am Hauseingang an der Garderobe abgegeben wurden.
Seit heute Abend sind wir wieder im Sommermodus: der erste Dienstag im Monat gehört der Meditation, die anderen Dienstage findet Taiji unter freiem Himmel statt. Weder meine Mitschüler vom montäglichen Taiji noch die Mitstreiter der Meditation lassen sich blicken, und so habe ich unverhofft das Glück eines Einzelunterrichts.
Auch mein Lehrer findet den Dienstag am schönsten, egal ob wir meditieren oder Taiji unter den alten Bäumen machen. Heute ist es anstrengend; jeder meiner Schritte wird akribisch begutachtet, korrigiert und nachjustiert, der Fauststoß muss schräg ausgeführt werden, der Ellenbogen in Richtung Kinn des fiktiven Gegners zeigen, die Handkante vorm Körper in Abwehrhaltung positioniert werden. Trotz der abendlichen Kühle wird mir warm unter meinen beiden Sportjacken. Doch plötzlich wird aus meinen eher friedlich-leichten Form-Bewegungen das, was Taiji eigentlich ist: ein Kampfsport, der zwar in seiner ursprünglichen Form nur noch in China ausgeübt wird, aber dessen Spuren wir heute folgen.
Ich bin konzentriert und fokussiert bei der Sache. Und dankbar, hier zu sein.
Das klingt wirklich sehr fein!
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