Antarktis. Tag 8

Wir springen vom Frühstückstisch auf und stürmen nach draussen an‘s Deck: Buckelwale schwimmen in unmittelbarer Nähe. Die Maschinen stehen still, das Meer ist ruhig, die Wale kommen näher. Wahrscheinlich sind sie genauso neugierig wie wir.

Ob ich Delphine gucke, fragt M. und stellt sich neben mich. Ne, Dinosaurier, antworte ich. Er grinst. Mit seiner speziellen Art ist der weisshaarige Kroate bereits bei vielen Passagieren angeeckt. Er sei halt nicht wie seine Mitreisende aus Deutschland, die sich für jeden Pinguin begeistern kann. Er zeigt auf mich. Seine zynische Art ist anstrengend für die Enthusiasten an Bord, und das sind alle, bis auf M.

M. ist neben dem Autisten C. auch der Einzige an Bord, der konstant in kurzen Hosen und Polo-Shirt an Deck rumläuft und auf Dresscode Sommer eingestellt ist. Da kann es stürmen und schneien wie es will.

Wir klettern in die Zodiacs und steuern Hydrurga Rocks an: ein Seehund liegt am Anleger, hebt neugierig den Kopf und schaut uns an. Chin Strap-Pinguine laufen die Penguin Highways herunter, wieder wandern wir durch eine unglaublich schöne Welt voller Gletscher, Berge und Tiere.

Die Chinesen rollen weitere Banner aus, wir machen zusammen Fotos, auch wenn mir aufgrund der Sprachbarrieren keiner sagen kann, was draufsteht: ‚das Leben ist schön‘. Das würde mir als Text gefallen.

‚Wir sind am Südpol‘, übersetzt der chinesische Vogelkundler das Banner, nachdem wir von einem aufregenden Ausflug nach Mikkelsen Island zurückgekommen sind. Erstmals in Sonnenschein unterwegs, sehen wir Chin Straps, Robben, Walknochen und einen Adelie-Pinguin, der auf dem Bauch durch den Schnee rutscht. Sturm kommt auf, ich wandere zur Landestelle und wate ins Wasser, um ins Zodiac zu klettern. Die Fahrt wird ‚bumpy‘ und nass, die Wellen krachen ins Boot. C., eines der California Girls, sitzt neben mir und juchzt ununterbrochen. Ich lache, die Russen gucken besorgt. Abenteuerfeeling.

Da auf der Sea Spirit eine open bridge policy herrscht, verbringe ich viel Zeit auf der Brücke. Heute sitze ich im Aussenbereich auf dem Boden in der Sonne, glitzerndes Wasser um uns herum und ein riesiger hellblauer Eisberg vor uns; für mich ist es der schönste Platz der Welt.

Der Polar-Plunge – einige Passagiere wollten mutig vom Schiff ins Eismeer springen – muss ausfallen. Stattdessen Seemannsknoten-Knüpfkurs in der Club Lounge. Die Windstärke liegt bei 10 Beaufort, die Sea Spirit geht in Schräglage, und noch sind wir nicht mal in der Drakepassage. R., die quirlige Australierin, fällt vom Sessel.

16 Gedanken zu “2.12.2017

  1. Herrlich, die Gruppendynamik! Es fehlt nur noch, dass sich jemand (unglücklich) in den Expeditionsleiter verliebt oder dass zwei Mitreisende einander näher kommen…

    Wunderschöne Fotos! Hach, ich wäre gern mitgefahren.

    Warum musste der Polar Plunge ausfallen? Bzw konnte man den nicht an einem Tag machen, an dem die Sonne schien?

    Gefällt 1 Person

    1. Du fährst ja mit – im Geiste! Ich finde es klasse, wie Du mitgehst- und fühlst. Für den Polar-Plunge war es – wieder mal – zu stürmisch. Das Wetter schlägt blitzschnell um.

      Like

  2. Hach, beim Lesen Deines Reiseberichtes wird mir immer sofort warm ums Herz und es kommen Erinnerungen an unsere beiden Grönlandreisen. Klar, da gibt´s keine Pinguine, aber faszinierende Landschaften, Orte und vor allem: Eisberge, deren Faszination man nie mehr vergisst.
    Liebe Grüße
    und noch ganz viel Freude an Deiner Tour
    Inge

    Gefällt 1 Person

  3. Ich finde es toll, dass Du Dich diese doch nicht ganz ungefährliche Reise alleine getraut hast. Ich kenne viele Frauen, die sich nicht trauen alleine in den Urlaub zu fahren. Ich habe es gerade mal alleine an die Nordsee geschafft und einen Tagesausflug nach Mallorca (Hin- und Rückflug an einem Tag, war mein erster Flug im Leben) . Und Deine Reise ist ja quasie ein hardcore Abenteuerurlaub . Bist Du immer so unerschrocken und mutig ? Oder hat es Dich, wenn Du ganz ehrlich bist, schon bischen Überwindung gekostet ?

    Jedenfalls finde ich Deinen Mut sehr beeindruckend und Du bist ein Vorbild für mich.
    Ich spiele jetzt auch mit dem Gedanken eine weitere Reise alleine zu wagen.

    Liebe Grüße

    Gefällt 1 Person

    1. danke für Dein Feedback 😀 Och fahre ab und an alleine weg, da lernt man sich selbst am besten kennen. Viele Mitreisende sind allein unterwegs – und man kommt sehr schnell ins Gespräch. Trau Dich! 🙂

      Like

  4. Ja, das kann ich nur bestätigen, dass man sich selber besser kennenlernt beim Alleinereisen und auch nicht alleine bleibt wenn man Lust hat Leute kennenzulernen. Nur als Frau alleine ins Ausland reisen, also keine Pauschalreise oder mit Reisegruppe, sondern eine Individualreise ganz alleine zu machen, wie ich das innerhalb Deutschland immer gemacht habe, dass traue ich mich noch nicht. Ist ja auch nicht so ganz ungefährlich.
    LG

    Gefällt 1 Person

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s