Unterwegs.
„Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Nahrung und Bewegung zukommen lassen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden.“
Hippokrates, ca. 460-377 v. Chr.
Auf Socken durchquere ich die Turnhalle, der Boden ist aus Holz, an den Decken hängen Ringe, hinten eine Sprossenwand, überall laufen kleine Fechter in ihrer Ausrüstung umher. Ich bin in einem der ältesten Turnvereine Hamburgs gelandet. Der Turnverein residiert in einem großen roten Backsteinhaus und liegt zentraler als die Schulsporthalle von letzter Woche, wo ich meine erste Probestunde beim Herzsport hatte.
Hier gibt es mehrere Turnhallen, überall ist Gewusel, die Umkleiden liegen im Keller, und hinter dem Raum mit den Fechtern liegt ein kleinerer Raum, in dem ich auf die „neuen“ Herzis treffe.
Auch diese Gruppe ist um einiges älter als ich es bin, ob sie fitter sind, wird sich gleich zeigen. Zuerst wird wieder der Puls gemessen, die nette Ärztin, die mich letzte Woche in den Outskirts auf diese Gruppe in Hamburgs Zentrum aufmerksam gemacht hat, hilft mir. Mein Puls ist normal, aber das war klar, ich bin ja auch kein Herzi. Und noch haben wir uns nicht angestrengt. Daumen nach oben, wenn es Euch heute gut geht, ruft die Trainerin. Mein Daumen zeigt sofort nach oben, die Herzis sind zögerlicher, einige Daumen sind auf Halbmast, einige gehen hoch, zum Glück keiner nach unten.
Wir wärmen uns auf, alte Schlager aus der Stereoanlage erfüllen den etwas muffigen Raum.
Nach dem Aufwärmen müssen sich drei Herzis erstmal auf die Bank setzen. Und jetzt weiß ich auch, warum die Ärztin beim Herzsport anwesend ist, und mit ihr eine große Box mit Defibrillator und anderen Erste Hilfe-Utensilien. Herzis können umkippen, raunt mir die Trainerin zu, ich gucke geschockt und frage, ob das hier häufiger passiert. Das komme schon mal vor, antwortet sie, aber sie seien ja gut ausgerüstet. Ich bin verunsichert.
Ich entscheide, das für mich Beste aus der Situation zu machen: ich strenge mich an, sprinte mit Tennisschläger und Bällen durch die Halle, die Trainerin feuert mich an, ich fange an zu schwitzen. Und stelle fest: es bringt mir Spaß, auch wenn das Umfeld etwas skurril anmutet. Es ist eine andere Welt als die, in der ich mich sonst bewege. Aber es erdet mich.
Nach dem Training schaut mich die Ärztin erwartungsvoll an und bietet mir als Alternative noch eine orthopädische Gruppe an. Ich bleibe bei den Herzis, sage ich. Und mache mich auf den Heimweg, zurück in meine Welt.