Im radiologischen Zentrum.

Der Phantast verbirgt, um auf die Wahrheit zu deuten, er umspielt die eigentliche Geschichte und weicht ihr immer wieder aus. Manchmal ist es nicht das Abwegige, das verwirrt, sondert die unübersehbare Zahl der Möglichkeiten.
Paul Theroux, Der Fremde im Palazzo d’Oro

Es ist 9:30 Uhr, ich liege unter dem CT-Scanner. Mein Kopf, meine Beine und meine Arme sind fixiert, über mir leuchtet ein rotes Licht, und irgendetwas, was ich nicht deuten kann, bewegt sich über mir in dem Gerät. Ich bin allein im Raum. Anweisungen, wie ich ein- und ausatmen soll, ertönen über einen Lautsprecher. Wir üben das Luftanhalten, das 20 Sekunden dauern muss, damit das Herz beim Bestrahlen später weniger belastet wird.  Auf meinem Brustkasten ist ein Würfel mit Leuchtelementen platziert, er wird darauf achten, dass die Bestrahlung stoppt, sobald ich die Luft nicht mehr anhalte.

Ich fröstle, als die Dame nach einer gefühlten Ewigkeit wieder in den Raum tritt. Das CT sei fertig, ich müsse noch etwas in der jetzigen Position verharren. Meine Arme, über dem Kopf angewinkelt, werden schwer, meine Narben fangen an zu spannen. Sie schaut in ihren Computer, kommt auf mich zu und fängt an, meinen Oberkörper zu markieren. Ob das ein Edding sei, frage ich und bin verblüfft, als sie bejaht. Neben dem ganzen High Tech erscheint es mir profan, dass sie mit nem Filzer auf mir rumzeichnet. Mehr als die Lage des Würfels kann sie allerdings nicht einzeichnen, der PC hat den Geist aufgegeben, er wird runter- und wieder hochgefahren, während ich immer noch in unbeweglich-unbequemer Stellung verharre. Dann müssen wir die anderen Markierungen beim ersten Strahlungstermin anlegen, sagt sie entschuldigend. Mir ist das lieb, mir ist kalt und meine angespannten Arme und Narben mögen auch nicht mehr hier bleiben.

Ich verlasse die Radiologie; draussen regnet es.

9 Gedanken zu “18.04.2017

  1. Wenn ich das so lese alles von dir( ich kann leider nicht komplett von vorne anfangen, ich muss ja dann wer weiss wohin scrollen, auf meinem Tablet kann ich nicht aufrufen, was dein allererster Artikel war, egsl, fang ich mittig an. Ich steh ja auf der anderen Seite sozusagen ich mach ne Fachweiterbildung Onkologie in der Krankenpflege. Ein Einsatz war in der Strahlentherapie. Sehr meechanisch u d ja, Filzstift gibts auch bei uns.Die Sache mit den Schmerzmittel, immer wieder bin ich erschr, dass es sowas gibt. Das ihnen niemand sagt, das sie was kriegen können, wenn es schmerzt. Ich bin jedenfalls sehr dahinter.sonst gibts was in Reserve anden Tisch, falls es nimmer geht, und schwupps, wird es sofort genommen. Ach… Ein sehr berührender Blog den du da schreibst! Katrin

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    1. Liebe Katrin, ich freue mich sehr über Dein Feedback. Ja, die Strahlentherapie war nicht ohne, das hatte ich etwas unterschätzt…auch wenn ich nach wie vor weiß, dass ich summa summarum noch glimpflich aus dem Drama rausgekommen bin – und dafür sehr dankbar bin. Mein blog hat am 22.2.17 gestartet – Du bist also schon fast am Anfang 🙂 LG und freue mich schon auf die nächsten Geschichten um Loida & Co!

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